Das vor mehr als 100 Jahren erstmalig erschienene „Casseler Tanz-Album. 12 Originaltänze in leichter Spielart mit humoristischem Text“ ertanzt die ganze Stadt Kassel. Beginnend mit einer Polonaise „Auf dem Friedrichsplatze“ über eine Mulang-Polka und Westend-Mazurka führt uns das Album bis hin zum Walzer „An der Fulda grünem Strande“.
Das Lied No. 6 „Eine Casseler Bierreise“ beginnt im „Stadtpark“. Dort fanden im Sommer regelmäßig Militärkonzerte statt. In dem großen Garten gab es das erste Freilichtkino Deutschlands. Dann geht es weiter „Zur Tante“, gelegen am Friedrichsplatz/Ecke Obere Karlsstraße. „Zur Tante“ war wohl eins der vornehmsten Cafés und Weinlokale am Platz, nachmittags mit Musik. Die „Bärenkammer“ lag am Pferdemarkt und zeichnete sich durch ihre reiche Innenausstattung aus, bei der unter anderem Hermann Knackfuß, der 1880 an die Kasseler Akademie berufen wurde, und der Kasseler Gaststättenmaler Theodor Matthei mitgewirkt hatten. „Jetzt seh’n wir das Dörfchen winken“. Mit dem „Dörfchen“ ist die Unterneustadt gemeint, die man zu Fuß über die Drahtbrücke erreichen konnte.
Diese wundervolle Besprechung stammt von der holländischen Pianistin Olga de Kort (aus Piano Bulletin 3/2014):
"Das Casseler Tanz Album ist eine unverwechselbare, sorgfältig bearbeitete Sammlung von fröhlicher und stimmungsvoller Tanzmusik aus dem 19. Jahrhundert. Einst ein unverzichtbares Attribut bei Klavier- und Salontafel, gibt das Album dem heutigen Spieler einen Einblick in die unbeschwerten Tanzpartys der wohlhabenderen Kreise von Kassel vor mehr als hundert Jahren. Seine aktuelle Neuauflage verdankt es den Mitgliedern des Vereins "Freunde des Stadtmuseums Kassel e. V.", die ein Exemplar dieses Tanzalbums in den Museumsarchiven gefunden haben.
Ohne Tänze war das kulturelle Leben im 19. Jahrhundert undenkbar. In Deutschland wetteiferten die großen Städte miteinander, indem sie ihre eigene Tanz Alben herausgaben und damit neue Tanztrends setzen. Die Tänze der tonangebenden Leipziger oder Berliner Tanz-Alben waren bekannt, beliebt und Modell für andere Städte und Gemeinden. Auch Kassel kann sich auch stolz auf sein eigenes Tanz-Album berufen, komponiert vom örtlichen Musiklehrer und Komponisten Richard Heinze (1845–1893). Die unbeschwerten, unkomplizierten Werke ergänzte Heinze durch selbstverfasste ebenso leichtfüßige, humorvolle und unkomplizierte Texte. Wer das Album heute anschaut, bekommt eine tänzerische musikalische Tour durch das Kassel des 19. Jahrhunderts. Der erste Tanz Polonaise beginnt "Auf dem Friedrichsplatze". Durch den begleitenden Text verstehen wir, wie viel Freude diese Polonaise der Jugend der damaligen Zeit machte, denn "bei süßen Tönen gehn‘ auf und ab die Cassler Schönen". Weiter Walzer tanzend durch das Dorf (Im Dörfchen. Walzer) kommen wir zu dem Zwiebelmarkt mit einer Rheinländer-Polka, um dann im Galopp eine authentische "Casseler Bierreise" zu machen. Die sich ständig verändernden Mazurken, Polkas und Walzer schließlich führen uns zur "Cassler Messe" (Schottisch) und das endgültige Ziel dieser Tanzreise ist der Walzer "An der Fulda grünem Strande". Auch die in Kassel nicht beheimateten werden durch diesen Band mit der Stadt vertraut: Damit es noch mehr Spaß macht, haben die Freunde des Stadtmuseums alte Bilder mit Stadtansichten des 19. Jahrhunderts in den Band mit aufgenommen." © Olga de Kort, 2014
Inhalt:
Vorwort von Gabriela Wolff-Eichel, Vorsitzende der Freunde des Stadtmuseums Kassel e.V.
No 1. Auf dem Friedrichsplatze. Polonaise
No 2. Im Dörfchen. Walzer
No 3. Casseler Zwiebelmarkt. Rheinländer-Polka
No 4. Auf Mulang. Polka
No 5. Casseler Mäderchen. Mazurka.
No 6. Eine Casseler Bierreise. Galopp
No 7. „Simpeln“. Walzer
No 8. Auf dem Königsplatz. Rheinländer-Polka
No 9. In der Strassenbahn. Schottisch
No 10. Westend-Mazurka
No 11. Casseler Messe. Schottisch
No 12. An der Fulda grünem Strande. Walzer